Überblicksartikel Espe - 10. Oktober 2022

Zittern wie Espenlaub

Ein Überblicksartikel über die Zitterpappel oder Espe (Populus tremula) ist schnell geschrieben. Über alte Exemplare ist so gut wie nichts bekannt. Die Baumart wird offenbar selten alt und bemerkenswert. Das Deutsche Baumarchiv erkannte Neuland und machte sich vor 5 Jahren ans Recherchieren. Eine Baumsammlung des Forstmanns Christoph Michels (NRW) benannte auch eine über 3 m dicke Zitterpappel nahe Brockhausen (Kreis Soest).

Deutschlands stärkste Espe auf Naturstandort, Stammumfang 2,90 m; bayerische Rhön. NBE: „Waldläufer“. →

Vor Ort ergab sich jedoch Fehlanzeige. Am benannten Ort war kein Baum der Art zu entdecken, und in der aktualisierten Liste des Forstmannes ist keine Espe mehr aufgeführt. So scheint die aktuelle Rekordhalterin (wenn auch angepflanzt und mit einer Wüchsigkeit und Statur ausgestattet, die mehr an die nahe verwandte Silberpappel erinnert) in Köln-Lindenthal zu stehen. Direkt am Ufer des Kahnweihers hat sie immerhin 3,60 m Stammumfang ausgebildet. Der Habitus ist so hoch aufgeschossen, dass die Blätter nicht genauer einsehbar waren. So konnte bislang die genetische Nähe zur Silberpappel nicht abschließend geklärt werden. Daher greifen wir auf eine Meldung zurück, die uns in die hessisch-bayerische

Die charakteristische Borke der Espe mit Lentizellen

Wildnis führt. „Waldläufer“, Spezialist für abgelegene Baumstandorte, entdeckte die bislang einzige beachtliche Zitterpappel, die in freier Natur aufgewachsen ist. Wer die versteckte Espe finden und ihren Stamm mit immerhin 2,90 m Umfang bewundern möchte, der muss sich auf die Ortsangabe des Entdeckers einlassen und Phantasie walten lassen. Die Espe steht auf einem „düsteren, staunassen Wildnisstandort“ der bayerischen Rhön.

Blätter im Morgentau

Schloss Friedelhausen, Landkreis Gießen, Hessen - 3. Oktober 2022

60 m - Hessens höchster Baum

← Hessens höchster Baum: Küstentanne bei Gießen, ca. 59,7 m Höhe, Stammumfang 5,37 m Nationaler Baum-Entdecker: Juergen Benz.

Im Bericht über die mächtige Hildegardlärche am Bodensee (siehe Artikel im Juni) streiften wir das Thema, wo die höchste Lärche im Bundesgebiet stehen mag. Die Antwort zeigte wieder einmal auf, wie dendrologisch reizvoll das Bundesland Hessen, Heimat des Deutschen Baumarchivs, wirklich ist. Die höchsten Lärchen Deutschlands (vielleicht gar weltweit) stehen im hessischen Schlitzerland und erreichen über 54 m Höhe! Doch wir versprachen eine Fortsetzung des Artikels. Denn – so die verblüffende Ankündigung – Hessen hat einen weiteren Superlativ zu bieten. In den Wäldern rund um dass „Tudor“-Schloss Friedelhausen, steht ein anderer Nadelbaum, der sogar noch höher ist: der höchste Baum Hessens. Es ist eine etwa um 1852 angepflanzte Küstentanne (Abies grandis), die nun kurz davor steht, die 60-m-Grenze zu überschreiten! Doch das ist in dem Fall noch nicht alles. Die wahrhaft himmelhoch jauchzende Statur ist kombiniert mit einem Spitzenumfang für die Baumart: 5,37 m!
 

Damit ist die exotische Tanne nicht nur höchster Baum Hessens, sondern auch die dickste Küstentanne der Republik. Romantisierend können wir naturfreundlichen Hessen sie vielleicht auf den Namen „Tanja vom Friedelhausener Wald“ taufen – in Anlehnung an die charmante   „Waldtraud vom Mühlenwald“, eine 67 m hohe Douglasie nahe Freiburg, die momentan als höchster Baum Deutschlands gehandelt wird.

Schloss Friedelhausen, erbaut im Jahr 1852 in der Optik der Tudorgotik.   →